15.10.23 bis 31.12.23

Lilian Moreno Sánchez – Woran du dein Herz hängst?

Woran du dein Herz hängst? Unter diesem Titel fand vom 15. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2023 eine Ausstellung der Künstlerin Lilian Moreno Sánchez  statt. Die Ausstellung wurde am Sonntag, 15. Oktober um 12 Uhr mit einer Einführung von Dr. Carmen Roll, stellvertretende Direktorin des Diözesanmuseums Freising, in Anwesenheit der Künstlerin eröffnet.

Neben anderen Arbeiten aus ihrem umfangreichen Werk wurden zwei Besonderheiten gezeigt: Das Misereor-Hungertuch 2021-2022 „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, sowie „Mit dem Ohr des Herzens“, der Originalentwurf für das Logo zum Ulrichsjubiläum des Bistums Augsburg 2023/24, in dessen Rahmen diese Ausstellung stattfindet.

Lilian Moreno Sánchez kam nach einem Kunststudium an der Universidad de Chile 1995 mit einem DAAD-Stipendium nach Deutschland und studierte an der Akademie der Bildenden Künste München in der Klasse von Prof. Gerd Winner, wo sie 1999 zur Meisterschülerin ernannt wurde. Sie erhielt zahlreiche Kunstförderungen und Preise, war in Einzelausstellungen zu sehen und führte auch Aufträge für Kunst am Bau aus.

Die großformatigen Zeichnungen der Serie „Tengo sed – mich dürstet“ bleiben über die Ausstellungsdauer hinaus während der Fastenzeit 2024 als Leihgabe in der Hauskirche. Sie sind bis zum 7. April 2024 zu den Öffnungszeiten des Exerzitienhauses in der Hauskirche zu sehen.

Künstlerin-Gespräch mit Lilian Moreno Sánchez 

Wenn im Exerzitienhaus Ausstellungen stattfinden, trifft Kunst auf Architektur. In besonderer Weise konnte dies bei der Ausstellung „Woran du dein Herz hängst?“ der chilenischen Künstlerin Lilian Moreno Sánchez erfahren werden. Vor der beeindruckenden Kulisse der von Thomas Wechs 1963 im Stil des Neuen Bauens errichteten Kirche des Exerzitienhauses, genauer in deren Quertonnengewölbe, hängen freischwebend vier große Zeichnungen von der Decke. „Wie für hier gemacht!“, schwärmt der Direktor des Hauses, Pfarrer Dr. Christian Hartl, bei der Veranstaltung am ersten Adventssonntag.

Begonnen hatte das Künstlerin-Gespräch im Lichthof des Exerzitienhauses, der wie der Kreuzgang eines modernen Klosters die Zimmerflure mit den Gemeinschaftsräumen verbindet und sich mit bodentiefen Fenstern um einen Brunnenhof öffnet. Der ideale Ort für einen in unsere Zeit übertragenen Kreuzweg, den die Künstlerin in der vierzehnteiligen Serie LEMA an dieser Stelle präsentiert. Im Gespräch mit der Kuratorin der Ausstellung, Dr. Daniela Kaschke, schilderte Lilian Moreno Sánchez eindrücklich die biografischen und politischen Hintergründe dieser Werkreihe. Sie verarbeitete darin persönliche Erlebnisse sowie Momente kollektiver Erinnerung an die chilenische Militärdiktatur, wie das Schicksal der Witwen verschwundener, gefolterter und nie zurückgekehrter Männer. Die Namen dieser Frauen, ihre Handschrift und ihre Betttücher sind in den großformatigen Leinwänden eingearbeitet und werden so dem fernen Betrachter in Deutschland beinahe zum Greifen nah.

Das Leid der Menschen habe sie immer schon berührt, sagte die Künstlerin. Es dränge sie, mit ihrer Kunst davon zu erzählen, zu erinnern, sichtbar zu machen, damit dann auch Trost und Heilung geschehen könne. So sollte auch der Entwurf für das Logo zum diözesanen Ulrichsjubiläum 2023/2024 nicht nur die aus den historischen Quellen überlieferten mitfühlenden Qualitäten des Bistumspatrons Ulrich aufgreifen, sondern diese auch mit den Nöten unserer Zeit in Verbindung bringen. Das war während der Entstehungszeit 2022 die Coronapandemie und so zeigt der Entwurf die zeichnerisch abstrahierte Form des Röntgenbildes eines infizierten Lungentrakts. Domkapitular Dr. Thomas Groll, Vorsitzender des Bischöflichen St.-Ulrich-Komitees, war maßgeblich an der Auswahl der Künstlerin für den Logoentwurf beteiligt. Er berichtete, wie die künstlerische Qualität von Lilian Moreno Sánchez, ihre Herangehensweise an die Themen, sowie frühere Arbeiten für das Bistum Überzeugung fanden. In seiner Ansprache betonte er zudem, wie wichtig es nach wie vor und auch in diesen Zeiten sei, dass Kirche zeitgenössische Kunst unterstützen.

Dass Kunst, Kirche und Gesellschaft in produktiver Weise zusammenkommen, zeigt jedes Jahr auch das Misereor-Hungertuch, welches – von einer Künstlerin oder einem Künstler gestaltet – ein soziales Thema aufgreift und als Banner durch die Kirchen, Schulen und Gemeindesäle des ganzen Landes zieht. Mit den durch diese Breitenwirkung erzielten Spenden werden wichtige Projekte der Hilfsorganisation möglich gemacht. Das Hungertuch 2021/2022 entstand in einem Augsburger Atelier, aufwendig gearbeitet, genäht und gezeichnet von Lilian Moreno Sánchez. Es verweist erneut auf das Schicksal des Heimatlandes der Künstlerin. In einem Kurzfilm erfuhren die Besucherinnen und Besucher des Künstlerin-Gesprächs von den Aufständen in Chile 2019 und konnten dabei zusehen, wie Lilian Moreno Sánchez den Staub vom Plaza Italia, an dem viele Menschen verletzt und getötet wurden, in Tücher einreibt. Auf diese Tücher zeichnete sie später die Röntgenaufnahme eines gebrochenen Fußes. Der Fuß eines an diesen Aufständen beteiligten und hierbei verletzten Menschen. Die Tücher sind miteinander vernähte Bettlaken aus einem Kloster und einem Krankenhaus. Das bedeute, dass körperliche und seelische Heilung zusammenkommen müsse, erklärte die Künstlerin mit Nachdruck.

Beim Künstlerin-Gespräch und in dieser Ausstellung kam einiges zusammen: Kirche und Gesellschaft, Kirche und Kunst, Kunst und Architektur. Das Exerzitienhaus Leitershofen schafft dafür den idealen Raum.